Bahnhof Neustrelitz Süd (ehemals Neustrelitz MFWE)

Bis zum Frühjahr des Jahres 2003 war der „Süd-Bahnhof“ Ausgangspunkt aller Zugfahrten für die Hafenbahn. 

Dieser Bahnhof entstand 1906-08 als eigene Betriebsstelle der „Mecklenburgischen Friedrich Wilhelm Eisenbahn“ (MFWE), um diese Gesellschaft von der gemeinsamen Nutzung des Bahnhofes Neustrelitz an der Nordbahn der Preußischen Staatsbahn zu entlasten. Seit Eröffnung der Strecke Neustrelitz – Mirow am 18.05.1890 führte diese nämlich in der Bürgerhorst, westlich auf den Damm der Nordbahn und endete im Bahnhof Neustrelitz. Die Bürgerhorst ist ein Buchenwald im Stadtgebiet, in dem früher alljährlich im August das größte Volksfest des Landes, das Altstrelitzer Vogelschussfest, veranstaltet wurde.

Mit Eröffnung des eigenen Bahnhofes „Neustrelitz MFWE“ (der Name Neustrelitz „Süd“ hatte sich erst später eingebürgert; Neustrelitz erhielt dann den Zusatz „Hbf“) war eine von der Staatsbahn unabhängige Betriebsführung der MFWE mit z.B. durchgehenden Zügen Strasburg – Wittstock oder Mirow – Feldberg möglich.

Hier entstand auch das Bahnbetriebswerk der MFWE mit eigener Drehscheibe; es wurde später durch die Deutsche Reichsbahn zum Bahnbetriebswagenwerk (Bww) umfunktioniert. Mit der Neustrukturierung der maschinentechnischen Dienste bei der DR nach der politischen Wende wurden die Gebäude aufgegeben. Ab 1994 wurde das Gelände und die Gebäude dann jedoch durch die Großbahnmeisterei Neustrelitz und bis 1996 als Ausbildungsstätte für Gleisbau/Tiefbau der Niederlassung Netz Neustrelitz der DB AG genutzt. Auch dies ist nun schon lange Geschichte: das Gelände ist nun verwaist und dem Verfall preisgegeben, die Drehscheibe längst ausgebaut.

Alle Sicherungsanlagen wurden bis zur Stilllegung des Bahnhofes im Jahre 2003 vom Stellwerk „Nz“ bedient; das nordöstlich gelegene Stellwerk „No“ wurde bereits 1973 aufgelassen, die hier befindlichen Weichen sind ortsbedient und unter Verschluss vom Stellwerk Nz.

An der ehemaligen Ausfahrt Richtung Mirow überquert das durchgehende Hauptgleis die Strelitzer Chaussee (ehem. B 96) auf einer 1994 eingebauten Behelfsbrücke. Heute endet das Gleis wenige Meter hinter der Brücke an einem Prellbock.

Auf der KBS (Kursbuchstrecke) 815 Pritzwalk – Neustrelitz Süd verkehrten seit den 70er bis Anfang der 90er Jahre beinahe unverändert 5 Personen-Zugpaare:

 – je ein lokbespanntes (BR 110 mit Bghw) Zugpaar Wittenberge/Pritzwalk/Wittstock oder Mirow – Neustrelitz Süd und zurück,

– je ein Triebwagenpaar (BR 772 + 972 mit bis zu 4 Fahrzeugen) Wittenberge/Neustadt/Dosse – Neustrelitz Süd und zurück.

 Alle Züge trugen – da Rbd-übergreifend (Schwerin -> Greifswald) – 4000er Zugnummern (4101 – 4110).

 Die Züge verkehrten ohne Takt über den Tag verteilt; Kreuzungen der Reisezüge untereinander fanden lediglich in Mirow, Stunde 12, statt. Reisesonderzüge waren eher selten, z.B. Theaterzüge für Schulklassen nach Neustrelitz.

Im Güterverkehr besaß die Strecke aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens eine überregionale Verbindungsfunktion:

so liefen z.B. alle Tarifpunktverkehre zwischen Thüringen / Magdeburg und dem Raum des ehemaligen Bezirkes Neubrandenburg über die Relation Wittenberge – Neustrelitz. Diesen Verkehrsströmen wurde durch zwei Dg (Durchgangsgüterzug)-Paare Wittenberge – Neustrelitz Süd Rechnung getragen (Zug-Nr. 50873 / 50875 Wit – Nz bzw. 50570 / 50572 Nz – Wit). Bis Mitte der 70er Jahre verkehrten diese Züge noch regelmässig mit Wittenberger Dampflokomotiven der BR 50.40, später 50.00 (Öl) und 50.35, bis sie dann zunächst von den Dieseltriebfahrzeugen der Baureihen 118, 110 in Doppeltraktion und später 111 abgelöst wurden.

Zwischen Neustrelitz Süd und Mirow verkehrten ausserdem 2 Nahgüterzugpaare (61636 – 61539), die ab Mirow als Üa (74520 / 74521) weiter nach Rechlin Nord fuhren. Auslastung und Bespannung dieser Züge war ähnlich der vorgenannten Durchgangsgüterzüge (Dg).

Weiterhin verkehrten einige überregionale Gag (Ganzzug) bzw. Lg (Leerwagenzug) über die Strecke:

– Gag 57702 Krinau (bei Salzwedel) – Neubrandenburg,

– Lg 58861 Wittstock – Stendell,

– Lg 58508 / 58518 B Neubrandenburg – Förderstedt/Deuna

mit der Bespannung durch BR 111 in Doppeltraktion bzw. später BR 114.

Für starken Verkehr sorgten immer wieder Militärtransporte; an Manövertagen der NVA bzw. Sowjetarmee gab es teilweise keine freien Trassen mehr. Die Militärzüge wurden dann auf allen Bahnhöfen (Wesenberg, Zirtow – mit Behelfsrampe!, Mirow) entladen; der sonst außer Betrieb befindliche Bahnhof Buschhof wurde zeitweise besetzt! Diese Züge waren vorrangig mit BR 118, 130 und 132 bespannt.

Sonderzüge mit Baustoffen ergänzten das normale Betriebsgeschehen.

Betrieb war rund um die Uhr, die Güterzüge verkehrten täglich, auch am Wochenende und an Feiertagen!

 

Quelle: Hafenbahn-Express, Verein Hafenbahn Neustrelitz e.V. (HBN),

3. Auflage, 05/2001

Autoren: Frank Brechler, Gerhard Kort ; Alle Rechte bei: Frank Brechler